2022: abstimmen per Brief und elektronisch

Mai 1, 2022

Am 01.09.2022 startet die zweite selbstorganisierte, bundesweite Volksabstimmung. Neu dabei ist: Diesmal kann auf zwei Wegen abgestimmt werden, klassisch per Brief oder digital. 

Das wollten wir schon länger. Jetzt können wir es auch anbieten. Möglich wurde dieser Schritt durch Joerg Mitzlaff, Geschäftsführer von „openPetion – Werkstatt digitale Demokratie“ und Gründungsmitglied von ABSTIMMUNG21.
Mit uns oder ohne uns 
Ich selbst habe mich lange schwer mit diesem Schritt ins Digitale getan. Selbst noch vor diesem Newsletter. Ich bin nicht technikfeindlich, schließlich arbeite ich den ganzen Tag mit dem Computer, aber beim digitalen Abstimmen bin ich sehr kritisch. Die Verfahren sind mir zu undurchsichtig und unsicher für einen so sensiblen Bereich wie der politischen Mitbestimmung.  

Überzeugt hat mich dann Joerg Mitzlaffs Gedanke, dass wir nicht stehen bleiben können trotz berechtigter Vorbehalte, denn eins ist klar: Wir werden an der Digitalisierung von politischen Verfahren nicht vorbeikommen. Deutschland bereitet sich gerade darauf vor.  

2023: 20 Millionen Deutsche stimmen digital ab 
Bei der nächsten Sozialwahl am 31.05.2023 können über 20 Millionen Menschen in Deutschland digital abstimmen. Neben der Hoffnung auf mehr Beteiligung ist dies ein erster großer Schritt, wie digitale Verfahren künftig auch zu Landtags- und Bundestagswahlen zugelassen werden könnten. Es ist ein absichtliches Szenario, um den Einsatz zunächst bei Wahlen von Selbstverwaltungskörperschaften wie Hochschulen und Sozialversicherungen zu erproben (1).

 Italien ist bei den digitalen Verfahren schon einen Schritt weiter.
Italien – Renaissance der Volksbegehren 
Mitten in der ärgsten Pandemiewelle 2021 gab es in Italien Volkbegehren für Sterbehilfe, gegen die Jagd und für die Legalisierung von Cannabis (2). Bis zum 30. September mussten die Initiatoren jeweils mindestens 500.000 Unterschriften sammeln – und alle haben es geschafft.  

Wie haben die das gemacht, dachte ich mir damals als ich davon hörte. Auch Italien hatte strenge Coronaregelungen. Unterschriften sammeln auf Plätzen oder in Ämtern war genauso beschwerlich wie in Deutschland, aber bei uns gab es eben wegen der Pandemie weniger Unterschriftensammlungen.  

24 Millionen Italiener auf Spid 
In Italien gibt es das Spid. Eine digitale Identität, die den Bürgern den Online-Zugang zu Diensten der öffentlichen Verwaltung ermöglicht. Mit der Pandemie stieg sprunghaft die Nutzung der digitalen Identität: 2020 hatten 22% eine und in 2021 waren es 43% (3). Und mit ihr kann eben auch digital bei Volksbegehren unterschrieben werden.  
Keine Wahl läuft 100% sicher
Online-Wahlen müssen eine Vielzahl von Anforderungen erfüllen, damit sie den Gold-Standard von demokratischen Wahlen erfüllen – die Urnenwahl. Wie robust unser bestehendes Wahlsystem ist, haben die letzten Landtagswahlen 2021 in Berlin gezeigt. Es gab in 207 von 2257 Wahllokalen Unregelmäßigkeiten (4). Das sollte nicht sein, passiert aber. Nicht jede Wahl läuft automatisch 100% fehlerfrei. Entscheidend ist, dass es Regeln gibt und eine öffentliche Überprüfung durch die Wahlhelfer und -beobachter, die Landeswahlleitung, den Verfassungsgerichtshof etc.  

Grenzen der Technik
„Es gibt noch kein digitales demokratisches Verfahren“ so das Fazit von Mitzlaff und weiter: „Die vollautomatische, demokratische Online-Abstimmung wird es nicht geben. Die Technik kann Wahlen und Abstimmungen in den digitalen Raum holen, die Wahlhelfer und Wahlbeobachter ersetzen kann sie nicht. Es braucht weiterhin Menschen, die Online-Registrierung, -Stimmabgabe und -Stimmauswertung überprüfen.“  

Auf dem Boden bleiben 
Es ist notwendig, dass an demokratischen, digitalen Abstimmungsverfahren gearbeitet wird, auch von der Zivilgesellschaft. „openPetition“ wagt sich mit an diese wichtige und ambitionierte Aufgabe. Das ausführliche Konzept finden sie hier.  

Wir wissen auch, dass nicht alles sofort zu schaffen ist, aber die ersten Schritte sind besonders wichtig. Und das ist mehr als alle anderen bisher können.  

Mit unserer Initiative wagen wir an vielen Stellen Neues in dem Versuch, Mitbestimmung auf Bundesebene möglich zu machen. Das machen wir nicht allein, sondern mit vielen Organisationen -und mit Ihnen zusammen. Und je mehr wir sind, umso mehr Aussicht auf Erfolg werden wir haben.  

Deshalb empfehlen Sie uns bitte weiter! Senden Sie diesen Newsletter einfach an einen interessierten Menschen. Vielen Dank!
P.S.: Falls Sie sich noch nicht für die zweite Volksabstimmung 2022 angemeldet haben, können Sie es unter www.abstimmung21.de nachholen.  

Quellen
1. Der Deutsche Bundestag: „E-Voting vorerst keine Option bei Bundestags- oder Landtagswahlen“ (https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw14-pa-fachgespraech-bildung-882928)

2. Oliver Meiner, Bernerzeitung: „Mehr Demokratie dank der Pandemie“ (https://www.bernerzeitung.ch/mehr-demokratie-dank-der-pandemie-669836051997)

3. Webseite Namirial (https://www.namirial.com/de/nutzung-digitale-identitaeten-italien-status-ende-2021/)

4. RBB24: „Landeswahlleitung will Einspruch gegen Berlin-Wahl einlegen“ (https://www.rbb24.de/politik/wahl/abgeordnetenhaus/agh-2021/beitraege/landeswahlausschuss-wahlergebnis-amtliches-endergebnis.html)

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