Abstimmungsvorlage

Thema 3: Volksabstimmung auf Bundesebene

Initiativteam

Mehr Demokratie e.V., Democracy International e.V., OMNIBUS für Direkte Demokratie gGmbH

Details

Ausführlichere Informationen zu dieser Vorlage im Abstimmungsheft.

Ziel

Es werden Volksabstimmungen auf Bundesebene eingeführt.

Ausgangslage

Direktdemokratische Verfahren gibt es derzeit auf kommunaler Ebene und in den Bundesländern. Die Regelungen dazu sind jeweils unterschiedlich. Auf Länderebene hat es seit 1946 insgesamt 87 Volksabstimmungen gegeben. Auf Bundesebene hat es seit Bestehen der Bundesrepublik noch nie eine Volksabstimmung gegeben.

Das allgemeine und freie Abstimmungsrecht steht neben dem Wahlrecht im Grundgesetz in Artikel 20, Absatz 2: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen […] ausgeübt“. Es gibt aber keine weiteren konkreten Ausführungsbestimmungen, wie es sie für Wahlen gibt. Damit fehlt derzeit eine über Artikel 20, Absatz 2 hinausgehende rechtliche Grundlage für tatsächlich bundesweite Volksabstimmungen.

Es gab im Bundestag bisher zwölf Versuche, die direkte Demokratie auf Bundesebene einzuführen. Die dazu notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit wurde allerdings jeweils nicht erreicht.

Was würde sich ändern?

Wird die Abstimmungsvorlage angenommen, würde die rechtliche Grundlage für bundesweite Volksabstimmungen im Grundgesetz ergänzt und ein neues Bundesabstimmungsgesetz geschaffen.

Dadurch würden drei verschiedene Verfahren direkter Demokratie auf Bundesebene eingeführt:

    1. Die Menschen können selbst Initiativen zu eigenen Anliegen starten. Haben sie in zwei Stufen genügend Unterstützungsunterschriften und kommt es zu keiner Einigung mit dem Parlament, gibt es einen bundesweiten und verbindlichen Volksentscheid.
    2. Vom Bundestag beschlossene aber noch nicht in Kraft getretene Gesetze können per Volksabstimmung bestätigt oder abgelehnt werden. Damit es zu der Volksabstimmung kommt, sind 500.000 Unterstützungsunterschriften innerhalb von 100 Tagen notwendig.
    3. Verfassungsänderungen oder eine Abgabe von Kompetenzen an die EU-Ebene müssen grundsätzlich in einem Volksentscheid bestätigt werden.

    Änderungen im Einzelnen

    1. Die dreistufige Volksgesetzgebung

    Die dreistufige Volksgesetzgebung gibt Bürgerinnen und Bürgern das Recht, selbst Initiativen zu starten und bei genügend Unterstützungsunterschriften einen bundesweiten und verbindlichen Volksentscheid zu ihrem Anliegen herbeizuführen. Gegenstand können alle Anliegen sein, die grundgesetzkonform sind und für die der Bundestag zuständig ist.

    Volksinitiative

    Für die erste Stufe sind 100.000 gültige Unterschriften zu sammeln. Dann kann der Vorschlag im Bundestag eingereicht werden und von ihm übernommen werden. Die Initiative hat das Recht auf Anhörung im Plenum und in den zuständigen Ausschüssen.

    Volksbegehren

    Übernimmt der Bundestag den Vorschlag nicht, hat die Initiative das Recht, ein Volksbegehren einzuleiten. Bei Zweifeln über die Verfassungsgemäßheit des Vorschlags können Parlament oder Regierung das Verfassungsgericht anrufen. Mit einem erfolgreichen Volksbegehren wird der Nachweis erbracht, dass die Bevölkerung über den Vorschlag abstimmen will. Dafür müssen eine Million Stimmberechtigte unterschreiben. Bei Gesetzen, die eine Änderung des Grundgesetzes vorschlagen, sind es 1,5 Millionen.

    Volksentscheid

    Nach einem erfolgreichen Volksbegehren findet spätestens nach zwölf Monaten der Volksentscheid statt. Das Parlament kann einen eigenen Vorschlag als Alternative mit zur Abstimmung stellen. Wie bei Wahlen entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

    2. Fakultative Referenden

    Dies sind Volksbegehren, mit denen verlangt werden kann, vom Bundestag beschlossene aber noch nicht in Kraft getretene Gesetze per Volksabstimmung zu überprüfen. Hier entfällt die Volksinitiative, die Unterschriftenhürde halbiert sich auf 500.000 Unterschriften, die in 100 Tagen gesammelt werden müssen. So lange tritt das Gesetz, das der Bundestag verabschiedet hat, nicht in Kraft. Kommen die Unterschriften zusammen, wird mit einer Volksabstimmung entschieden, ob das Gesetz in Kraft treten soll oder nicht. Wird die Unterschriftenhürde nicht erreicht, tritt das Gesetz nach 100 Tagen in Kraft.

    3. Obligatorische Referenden

    Dies sind verpflichtend stattfindende Volksabstimmungen. Änderungen des Grundgesetzes, die der Bundestag beschlossen hat, müssen in einem Volksentscheid bestätigt werden. Gibt der Bundestag Kompetenzen auf EU-Ebene ab, muss auch hier die Bevölkerung zustimmen.

    Durchführungsbestimmungen

    Im Bundesabstimmungsgesetz werden Einzelheiten zu unter anderem folgenden Punkten geregelt: Abstimmungsberechtige, Sammlung von Unterschriften, rechtliche Prüfungen, Überarbeitungsschritte der Abstimmungsvorlagen, Alternativvorschläge des Bundestages, Fristen, Abstimmungsbroschüre, nötige Mehrheiten, Kostenerstattungen und Finanzierungstransparenz.

    Ausführlicher Gesetzentwurf unter: www.wirwollenabstimmen.de 

    Abstimmungs-

    frage

    Stimmen Sie der Einführung von bundesweiten Volksabstimmungen gemäß des hier vorgelegten Gesetzesvorschlags zu?

    Pro Argumente

    Die Menschen wollen ihr Zusammenleben sinnvoll und verantwortungsbewusst gestalten. Menschen, die beteiligt sind, wenden sich nicht ab. Das stärkt die Demokratie.
    Direkte Demokratie kann Themen, die die Bundespolitik nicht aufgreift, in den gesellschaftlichen Dialog bringen und per Volksentscheid Lösungen direkt umsetzen.
    Bei Volksabstimmungen geht es nicht um Personen, nicht um Parteien und nicht um Macht, sondern um konkrete Sachfragen, die zur Abstimmung gestellt werden.
    Die Parlamente werden gestärkt, indem sie um Ideen bereichert und auch zwischen den Wahlen in direkten Austausch mit der Bevölkerung gebracht werden.
    In den Kommunen und Ländern sind Volksabstimmungen ein anerkanntes Prinzip unserer Demokratie.

    Contra Argumente

    Volksabstimmungen führen zu einer Spaltung der Gesellschaft, weil sich nur bestimmte Gesellschaftsschichten beteiligen.
    Volksabstimmungen können der Komplexität vieler Themen, z.B. haushalts-, finanz- oder steuerpolitischer Sachverhalte, nicht gerecht werden. Solche Sachverhalte lassen sich nicht einfach auf eine reine „Ja-Nein-Entscheidung” reduzieren, sondern bedürfen einer sachgerechten Behandlung, die nur das parlamentarisch-repräsentative System ermöglicht.
    Volksentscheide sind – verglichen mit parlamentarischen Entscheidungen – zeit- und kostenintensiver.
    Der Populismus hat Konjunktur und ein Ausbau der direkten Demokratie ist gerade deshalb gefährlich.
    Eine ausgewogene Berichterstattung in unserer Medienlandschaft ist nicht immer gewährleistet, so dass die Bevölkerung gegenüber dem Parlament ein Informationsdefizit hat.

    Positionen der Parteien

    (Stand: 26.04.2021)

    So stehen die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien zur Einführung bundesweiter Volksabstimmungen:

    ParteienKommentareAmpel
    CDUVolksabstimmungen auf Bundesebene werden abgelehnt. rot
    SPDim Grundsatzprogramm von 2007 werden Volksbegehren und -entscheide auf Bundesebene gefordert, im Programm zur Bundestagswahl 2021 nur “Beteiligung”. gelb - grün
    AfDfordert Volksentscheide auf Bundesebene, allerdings ist kein Schutz für Grund- und Minderheitenrechte vorgesehen und Volksabstimmungen werden nicht als gleichrangig betrachtet sondern über das Parlament gestelltgelb
    FDPForderung von Volksentscheiden auf Bundesebene im Grundsatzprogramm von 2012, keine Erwähnung im Programm zur Bundestagswahl 2021gelb - grün
    DIE LINKEForderung nach Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden auch auf Bundesebene sowie fakultative Referenden im Programm zur Bundestagswahl 2021 enthaltengrün
    GRÜNEdie Übernahme von Volksabstimmungen ins neue Grundsatzprogramm wurde 2020 (mit knapper Mehrheit) abgelehnt; keine Angabe im Programm zur Bundestagswahl 2021 rot-gelb
    CSUfordern in Grundsatzprogramm und im “Bayernplan” zur Bundestagswahl 2017 Volksabstimmungen auf Bundesebene, betonen aber eine Einschränkung auf “grundlegende” bzw. “wichtige” politische Fragengrün

    Quellen für die Parteipositionen

    CDU (2007): Freiheit und Sicherheit. Grundsätze für Deutschland. Das Grundsatzprogramm vom 21. Parteitag Hannover, 3.-4. Dezember 2007. Abrufbar unter: https://archiv.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/071203-beschluss-grundsatzprogramm-6-navigierbar.pdf?file=1

    SPD (2007): Hamburger Programm. Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abrufbar unter: https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Grundsatzprogramme/hamburger_programm.pdf
    SPD (2021): Das Zukunftsprogramm. Wofür wir stehen. Was uns antreibt. Wonach wir streben, S. 31. Abrufbar unter: https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Parteispitze/20210321_Zukunftsprogramm_Leitantrag.pdf

    Bündnis 90/Die Grünen (2020): “…zu achten und zu schützen…” Veränderung schafft Halt. Grundsatzprogramm, S.74. Abrufbar unter: https://cms.gruene.de/uploads/documents/20200125_Grundsatzprogramm.pdf
    Bündnis 90/Die Grünen (2021): Deutschland. Alles ist drin. Programmentwurf zur Bundestagswahl 2021, S.95. Abrufbar unter: https://cms.gruene.de/uploads/documents/2021_Wahlprogrammentwurf.pdf

    DIE LINKE (2021): Zeit zu handeln. Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit! Wahlprogrammentwurf, S.136. Abrufbar unter:
    https://www.die-linke.de/fileadmin/download/wahlen2021/BTWP21_Entwurf_Vorsitzende.pdf

    [5] FDP (2012): Verantwortung für die Freiheit. Karlsruher Freiheitsthesen der FDP für eine offene Bürgergesellschaft. Abrufbar unter: https://www.fdp.de/sites/default/files/uploads/2016/01/28/karlsruherfreiheitsthesen.pdf
    FDP (2021): Nie gab es mehr zu tun. Wahlprogramm der Freien Demokraten. Programmentwurf der Freien Demokraten zur Bundestagswahl 2021. Abrufbar unter: https://www.fdp.de/sites/default/files/uploads/2021/04/16/programmentwurf-nie-gab-es-mehr-zu-tun-2.pdf

    AfD (2017): PROGRAMM FÜR DEUTSCHLAND. Wahlprogramm der Alternative für Deutschland für die Wahl zum Deutschen Bundestag am 24. September 2017. Abrufbar unter: https://www.afd.de/wp-content/uploads/sites/111/2017/06/2017-06-01_AfD-Bundestagswahlprogramm_Onlinefassung.pdf
    AfD (2017) PROGRAMM FÜR DEUTSCHLAND. Grundsatzprogramm, Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild, S. 9. Abrufbar unter: https://www.afd.de/wp-content/uploads/sites/111/2017/01/2016-06-27_afd-grundsatzprogramm_web-version.pdf
    Deutscher Bundestag (2021): AfD: Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Direkten Demokratie auf Bundesebene, Nr. 6.3
    Abrufbar unter: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/269/1926906.pdf

    CSU (2007): Die Ordnung. Grundsatzprogramm der Christlich-Sozialen Union, S. 86-87. Abrufbar unter: https://csu-grundsatzprogramm.de/wp-content/uploads/CSU-Grundsatzprogramm-ES.pdf
    CSU (2017): Der Bayernplan. Klar für unser Land, S. 2. Abrufbar unter: https://www.csu.de/common/download/Beschluss_Bayernplan.pdf

    Ampel-Legende:

    grün = vollständige oder weitgehende Übereinstimmung
    gelb = teilweise Übereinstimmung
    rot = Ablehnung

    Hausparlamente

    Von Mai bis August (20.08.2021) organisieren wir im ganzen Land kleine Gesprächsrunden zu diesem Thema (sogenannte Hausparlamente). Melden Sie sich an und lernen Sie neue interessante Menschen und Positionen kennen. Deren Ergebnisse und mehr Information finden Sie unter: https://www.openpetition.de/hp/volksabstimmung.

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