Abstimmungsvorlage

Thema 1: WIDERSPRUCHSREGELUNG BEI DER ORGANSPENDE

Initiativteam

Diana Dietrich, Dennis Günther-Gemeinhardt, Mario Rosa-Bian und Junge Helden e.V.

Details

Ausführlichere Informationen zu dieser Vorlage im Abstimmungsheft.

Ziel

Durch die Einführung der doppelten Widerspruchsregelung wird eine Erhöhung der Organspenden erreicht.

Ausgangslage

In Deutschland gilt seit 2012 die Zustimmungsregelung, d.h. Organe dürfen nur nach ausdrücklicher Zustimmung entnommen und verpflanzt werden.

Die Zustimmung kann im Voraus durch die betroffene Person selbst oder nach ihrem Tod durch die nächsten Angehörigen gegeben werden. Liegt keine Entscheidung über eine Organspende vor, findet keine Organspende statt.

Im Jahr 2020 wurde über eine Gesetzesinitiative zur Einführung der doppelten Widerspruchsregelung beraten. Im Bundestag fand der Gesetzentwurf keine Mehrheit (292 Ja-Stimmen zu 379 Gegenstimmen).

Grundsätzlich ist bei der Organspende zwischen postmortaler (nach dem Tod) und Lebendspende zu unterscheiden. Postmortale Organspenden kommen nur dann in Frage, wenn bei einer potentiell organspendenden Person der Hirntod festgestellt wird (0,4% aller Verstorbenen z.B. durch einen schweren Unfall, eine Hirnblutung oder einen Schlaganfall). Der Hirntod wird durch zwei Ärztinnen oder Ärzte – unabhängig voneinander – nach einem strengen medizinischen Protokoll festgestellt. Organe werden also nur entnommen, nachdem die Spenderin oder der Spender verstorben ist. Circa fünf Sechstel aller Organspenden erfolgen auf diese Weise.

Im Gegensatz dazu kann eine Niere oder ein Teil der Leber auch durch eine Lebendspende transplantiert werden. Menschen, die spenden, sind dann Verwandte ersten Grades oder nahestehende Personen. Diese Lebendspenden machen circa ein Sechstel aller Organspenden aus.

Bei dieser Abstimmung geht es ausschließlich um Organspenden nach dem Tod einer potentiell organspendenden Person.

Was würde sich ändern?

Wird die Abstimmungsvorlage angenommen, würden gemäß des dazu eingebrachten Gesetzentwurfs grundsätzlich alle Bürgerinnen und Bürger im Falle ihres Hirntodes als potentiell organspendende Personen gelten, sofern zu Lebzeiten kein Widerspruch erklärt wurde. Es findet keine Organentnahme gegen den Willen der verstorbenen Person statt. Ein Widerspruch soll möglichst bei einem einzuführenden Register hinterlegt, alternativ über einen Organspendeausweis und/ oder eine Patientenverfügung und/ oder den Angehörigen gegenüber geäußert werden. Eine Begründung ist nicht notwendig. Liegt keine Entscheidung gegen die Organspende vor, führt dies nur im Fall des Hirntodes grundsätzlich zu einer Organspende.

Um eine informierte Entscheidung treffen zu können, wird jede zur Organspende berechtigte Person ab dem 16. Lebensjahr innerhalb von sechs Monaten dreimal schriftlich über die inkraftzutretende Widerspruchsregelung informiert.

Änderungen im Einzelnen

  • Mit Einführung der doppelten Widerspruchsregelung soll ein Register geschaffen werden, in dem Bürgerinnen und Bürger ihren Widerspruch oder ihren Zuspruch zur Organspende dokumentieren können. Um einen möglichen Widerspruch einer potentiell organspendenden Person zu erfragen, werden Ärztinnen und Ärzte gesetzlich verpflichtet, eine Abfrage dieses Registers zu veranlassen.
  • Fehlt eine Erklärung der betroffenen Person, sind die nächsten Angehörigen zu einem möglichen Widerspruch der oder des Verstorbenen zu befragen. Angehörige werden nach dem Willen der oder des Verstorbenen gefragt, nicht nach ihrem eigenen.
  • Bei Minderjährigen steht den Angehörigen weiterhin ein Entscheidungsrecht zu.
  • Grundsätzlich ist die Organ- und Gewebespende bei Personen ausgeschlossen, die aufgrund ihrer kognitiven Fähigkeiten die Tragweite einer Organspende nicht erkennen können.

Hier geht es zum ausführlichen Gesetzentwurf.

Abstimmungs-

frage

Stimmen Sie zur Erhöhung der Organspenden für die Einführung der doppelten Widerspruchsregelung gemäß des hier vorgelegten Gesetzesvorschlags?

PRO-ARGUMENTE

Die Widerspruchsregelung rettet Menschenleben, indem die Zahl der Organspenden erhöht und die Zahl der Menschen, die auf eine Organspende warten, reduziert wird.
Aus einer Einführung der Widerspruchsregelung folgt keinesfalls die Pflicht zur Organspende, sondern die Aufforderung, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Wer sich gegen eine Organspende entscheidet, kann ohne Begründung widersprechen.
Liegt keine Erklärung der potentiell spendenden Person vor, führt dies derzeit häufig dazu, dass keine Organspende erfolgt, weil sich die Angehörigen in dem Moment von einer Entscheidung für eine Organspende überfordert fühlen.
Das „Recht auf Leben“ der auf Organe wartenden Patientinnen und Patienten wird bei einer Widerspruchsregelung höher bewertet als das „Recht auf Schweigen“ der Nicht-Betroffenen.
Diejenigen, die sich selbst nicht mehr helfen können, erfahren Hilfe durch die Gesellschaft. Die Gesellschaft akzeptiert, dass jede Person in eine unglückliche Situation kommen kann, in der die Hilfe von Dritten benötigt wird.

CONTRA-ARGUMENTE

Das Thema Organspende ist ein so großer Eingriff, dass diese nur auf ausdrücklichen Wunsch des betroffenen Menschen erfolgen darf. Die Widerspruchsregelung lebt von der Passivität der Menschen, die es versäumen, sich rechtzeitig gegen eine Organspende auszusprechen.
Mit der Widerspruchsregelung wächst auch der soziale Druck, die eigenen Organe zu spenden. Organspende könnte inoffiziell zur Bürgerinnen- und Bürgerpflicht werden. Wer eine Entnahme von Organen für sich gut begründet ablehnt, könnte gesellschaftlich verurteilt werden.
Ein Schweigen zur Organspende würde bei der Widerspruchsregelung als Zustimmung gewertet werden. Eine Spende muss immer freiwillig sein. Eine aktive Entscheidung garantiert, dass sie das tatsächlich ist.
Der Mensch gehört sich selbst und nicht dem Staat. Die Widerspruchsregelung erleben manche als Verstoß gegen ihr Selbstbestimmungsrecht.
Die Widerspruchsregelung könnte das Vertrauen in das Transplantationssystem weiter schmälern. Statt der Widerspruchsregelung braucht es mehr Information und stärkere Präsenz zur Sache durch verstärkte Aufklärung.

Positionen der Parteien

(Stand: 26.04.2021)

Am 16.01.2020 hat der Bundestag in einer offenen und freien Abstimmung wie folgt über das „Gesetz zur Regelung der doppelten Widerspruchsregelung im Transplantationsgesetz“ abgestimmt.

Da es sich um eine ethische Frage bzw. um ein Gesetz von ethischer Tragweite handelte, wurde die Fraktionsdisziplin aufgehoben. Jede und jeder Abgeordnete war aufgerufen, eine Gewissensentscheidung zu treffen.

Für das Gesetz stimmten 292 Abgeordnete, gegen das Gesetz stimmten 379 Abgeordnete. Damit wurde das Gesetz in zweiter Lesung abgelehnt.

Gesamtübersicht der namentlichen Abstimmung zum Gesetzentwurf der doppelten Widerspruchsregelung: 709 Abgeordnete im Deutschen Bundestag.

ParteienJaNeinEnthaltungnicht abgegebene Stimmen
CDU/CSU: 246 Mitglieder1468929
SPD: 152 Mitglieder9448010
AfD: 90 Mitglieder48303
FDP: 80 Mitglieder155915
DIE LINKE: 69 Mitglieder243807
B90/GRÜNE: 67 Mitglieder76000
fratkionslos: 5 Abgeordnete2201
In ihren Wahlprogrammen befassten sich die Parteien weder zur Bundestagswahl 2017 noch zur kommenden Bundestagswahl 2021 mit dem Thema Organspende.

In einer repräsentativen Umfrage spricht sich die Mehrheit für die Einführung der Widerspruchsregelung aus. Zur geplanten Einführung der Widerspruchsregelung zeigte das repräsentative ZDF-Politbarometer am 16.01.2020 folgende Zustimmungswerte der Wählerinnen und Wähler der Parteien: CDU/CSU: 56%, SPD: 59%, Grüne: 72%, Linke: 59%, FDP: 73%, AfD: 47%, insgesamt: 61%.

Quellen für die Parteipositionen

Deutscher Bundestag (2020): Namentliche Abstimmung. Organspende – Doppelte Widerspruchslösung (Lauterbach, Spahn). Abrufbar
unter: https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=656

Hausparlamente

Von Mai bis August (20.08.2021) organisieren wir im ganzen Land kleine Gesprächsrunden zu diesem Thema (sogenannte Hausparlamente). Melden Sie sich an und lernen Sie neue interessante Menschen und Positionen kennen. Deren Ergebnisse und mehr Information finden Sie unter: https://www.openpetition.de/hp/organspende.

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