Viele Menschen haben uns nach der diesjährigen Volksabstimmung geschrieben. Einige erhoffen sich mit den Neuwahlen auch eine Chance für mehr Mitbestimmung, wie Jörg F., der schrieb: „Viel Erfolg weiterhin! Vielleicht gerade jetzt zur besonderen Neuwahl, eine besondere Chance!.“
Leider ist dies nicht zu erwarten. Neben dem aktuellen Wahlkampfgeschehen zeichnen sich im Hintergrund zwei langjährige Trends ab, die nichts Gutes für die Demokratie bedeuten.
Wer oben ist, möchte allein herrschen
Der erste Trend heißt: Egal, welche Regierungskoalition gebildet wird – keine der Parteien wird sich aktiv für mehr Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger einsetzen .
Noch vor wenigen Jahren versprachen fast alle heute im Bundestag vertretenen Parteien (außer der CDU) in ihren Partei- oder Wahlprogrammen, Volksabstimmungen auf Bundesebene einzuführen.
Doch auf dem Weg in eine zukünftige Bundesregierung verschwanden diese Pläne bei den Parteien. Zuletzt 2021 verabschiedete sich die Ampel-Regierung von der Idee, den Bürgerinnen und Bürgern direkte Entscheidungsmöglichkeiten zu geben (1). Sich mit dem Volk auseinanderzusetzen ist halt mühsam, wenn man eigene Pläne hat…
Die Menschen wenden sich ab
Der zweite Trend heißt: Die Demokratie verliert ihre Anhänger.
Die im November veröffentlichte Leipziger Autoritarismus-Studie 2024 zeigt einen erschreckenden Tiefpunkt an Zustimmung zur Demokratie. Die Studie erscheint alle zwei Jahre seit über 20 Jahren und verzeichnet den niedrigsten Wert seit Beginn der Erhebung.
„Die Demokratie, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert, findet aber nur noch bei 42,3 Prozent Zustimmung (2).“ Für das Studien-Team ist das ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Demokratie ihr stützendes Fundament verliert.
Die Menschen ernst nehmen
Wenn man die Menschen nicht ernst nimmt oder alles Mögliche anführt, warum man sie nicht einbeziehen will, wenden sie sich ab.
Wir hatten vor kurzem die ehemalige Bundesverfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolf zitiert. Sie warnt eindrücklich davor, auf das Potential der direkten Demokratie zu verzichten: „Dieses Potential ungenutzt zu lassen, war in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie so riskant wie heute (3).“
Umfragen oder Warnungen, wie die der Verfassungsrichterin, zeigen: Die repräsentative Demokratie allein reicht heute nicht mehr aus. Für viele ist Demokratie ein leerer Begriff geworden, fern jeder Selbstwirksamkeit – die sie doch verspricht.
Demokratie stärken – ein Gleichgewicht schaffen
Zur Klarstellung: Die repräsentative Demokratie ist für uns unstrittig und nötig. Aber ohne das Gegengewicht der direkten Demokratie fehlt ihr ein wesentlicher Baustein. Klar ist aber auch: Nicht alles, was zum guten Regieren eines Landes gehört, kann über Volksentscheide abgewickelt werden.
Schließlich heißt es im Grundgesetz, Artikel 20: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen…ausgeübt.“ Die Abgeordneten sollen zwar das Volk vertreten, aber natürlich können sie nicht immer alles im Blick haben, was die Bürger und Bürgerinnen aktuell bewegt. Verbindliche Volksabstimmungen würden diese Lücke schließen.
Unsere drei Kernforderungen
Damit Bürgerinnen und Bürger direkt Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen können, braucht es in unseren Augen konkret drei verbindliche Verfahren auf Bundesebene:
1. Initiativrecht
- Die Menschen können selbst Initiativen zu Anliegen starten, die ihnen wichtig sind.
- Haben sie in zwei Stufen genügend Unterschriften gesammelt (erste Stufe 100.000, zweite Stufe 1,5 Mio.) und es kommt zu keiner Einigung mit dem Parlament, gibt es einen bundesweiten und verbindlichen Volksentscheid.
2. Widerspruchsrecht
- Vom Bundestag beschlossene, aber noch nicht in Kraft getretene Gesetze, können per Volksabstimmung bestätigt oder abgelehnt werden.
- Damit es zu der Volksabstimmung kommt, sind 500.000 Unterstützungsunterschriften innerhalb von 100 Tagen notwendig.
3. Bestätigungsrecht
- Verfassungsänderungen oder eine Abgabe von Kompetenzen an die EU-Ebene müssen grundsätzlich in einem Volksentscheid bestätigt werden (3).
Und das alles auf dem Boden unseres Grundgesetzes.
2025: Gemeinsam Druck aufbauen
Wir haben klare Forderungen und ebenfalls klar ist, wir werden nichts davon geschenkt bekommen, aber wir haben hier in Deutschland die Möglichkeit, dafür Druck aufzubauen – diese Chance wollen wir nicht ungenutzt lassen.
Helfen Sie uns ein starkes Gegengewicht zu schaffen und unserer Demokratie gemeinsam den Rücken zu stärken.
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„Bitte macht weiter so, irgendwann wird der Erfolg kommen!“ Liane F.
Seit 2020 haben 305.234 Menschen an unseren selbstorganisierten Volksabstimmungen teilgenommen – ein starkes Zeichen für Mitbestimmung auf Bundesebene. 2025 wollen wir weiter Druck aufbauen. Doch auf diesem Weg brauchen wir auch Ihre Hilfe.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Herzliche Grüße und Ihnen eine schöne Adventszeit
P.S.: Die Höhe und Dauer Ihrer Förderung können Sie selbst bestimmen, Ihre Beiträge sind steuerlich absetzbar.
Quellen
- Lübbe-Wolff, Gertrude: Demophobie. Muss man die direkte Demokratie fürchten?, 2023, (Rote Reihe Klostermann), S.12-15.
- Website von „ ZEIT ONLINE “. Verfügbar unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2024-11/demokratie-zustimmung-deutschland-sinkt-studie
- Lübbe-Wolff, Gertrude: Demophobie. Muss man die direkte Demokratie fürchten?, 2023, (Rote Reihe Klostermann), S.147.
- Website von „ MEHR DEMOKRATIE “. Verfügbar unter: https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/MD-Gesetzentwurf_Volksentscheid.pdf